Von Liebesheirat keine Spur

Von Liebesheirat keine Spur / Quelle:NWZ-Online

Bild: Heiner Elsen

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Vor genau 50 Jahren kam es zum Zusammenschluss der Stadt Friesoythe mit den Gemeinden Altenoythe, Markhausen, Neuscharrel sowie Gehlenberg und Neuvrees. Noch heute ein schwieriges Verhältnis, findet Redakteur Carsten Bickschlag in unserer Wochenkolumne.

„Jetzt wächst zusammen was zusammen gehört.“ Mit diesem Satz soll Willy Brandt damals die deutsche Wiedervereinigung kommentiert haben. So oder so ähnlich müssen bestimmt auch viele Bürgerinnen und Bürger bei der großen Gebietsreform 1974 gejubelt haben. Es muss ein großes Fest gewesen sein, als es vor genau 50 Jahren zum Zusammenschluss der Stadt Friesoythe mit den Gemeinden Altenoythe, Markhausen, Neuscharrel sowie Gehlenberg und Neuvrees gekommen ist. Welch ein herrliches Bild: Friesoyther liegen sich freudetrunken mit Markhausern und Neuscharrelern gleichermaßen in den Armen, verdrücken vor Rührung die ein oder andere Träne und schwören sich fortan ewige Freundschaft.

Aber warum finden sich in den Archiven keine Hinweise auf knallende Sektkorken, aufsteigenden Luftballons und fröhliche Menschen? Ganz einfach. Weil die Gebietsreform alles andere als eine Liebesheirat war. Altenoythe zum Beispiel wehrte sich mit aller Kraft und musste schlussendlich doch seine Eigenständigkeit aufgeben. Das ist bis heute nicht vergessen. Und auch wenn sich in Gehlenberg damals eine Mehrheit für Friesoythe und gegen den Hümmling ausgesprochen hat, so wird diese Entscheidung heute von dem ein oder anderen bereut. Die Gräben zwischen den einzelnen Orten sind im Laufe der Zeit zwar nicht mehr ganz so tief, doch es gibt sie immer noch. Vor allem das Verhältnis zwischen der Stadt und den umliegenden Dörfern ist durchaus ausbaufähig.

Ganz besonders ausgeprägt ist diese Rivalität zwischen Friesoythe und Altenoythe. Denken wir nur an die prestigeträchtigen Fußballderbys oder aktuell die Diskussion um den Erhalt der Dreifaltigkeitskirche, bei der gefragt wird, warum müssen wir unsere Kirche aufgeben und nicht Friesoythe? Und selbst Theatergruppen können sich während der Vorstellungen Spitzen auf den Ortsnachbarn nicht verkneifen. Dabei muss doch jedem bewusst sein, dass eine Verschmelzung längst stattgefunden hat – zumindest territorial. Vor vielen Jahren gab es noch eine natürliche grüne Grenze zwischen den Ortschaften – und der symbolische Grenzpfahl war Meyers Busch, das kleine Wäldchen zwischen Friesoythe und Altenoythe. Doch nach und nach rücken die beiden Ortschaften immer weiter zusammen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus zwei Teilen eine große Einheit wird. Schon amüsant, dass allein dieser Gedanke so manchen auf den Baum bringt.

Friesoythe verbindet. So heißt der neue Slogan der Stadt. 50 Jahre nach der Gebietsreform eine durchaus gewagte These. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, dass dieses Ereignis wie 1974 wieder keine fröhliche Feier auslöst. Während in anderem Kommunen wie etwa dem Saterland seit vielen Monaten eine große Party vorbereitet wird, herrscht in Friesoythe Leerlauf. Noch immer ist nicht bekannt, wie und wann das Jubiläum gefeiert wird. Wieder keine Sektkorken, keine Luftballons, keine Jubelrufe. Tja, Geschichte scheint sich immer zu wiederholen.